Ich habe vor mehr als zehn Jahren herausgefunden, dass ich von Aphantasie betroffen bin. Die Logik wiederum ist sehr stark, so dass ich jede Entscheidung im Leben vorher abwäge.
Ich bin nicht in der Lage, mir Bilder oder Momente vorzustellen, also lebe ich im Hier und Jetzt.
Mit Hilfe von Fotos kann ich mich an den genauen Ort erinnern, an dem das Foto aufgenommen wurde, mit wem ich es erlebt habe und an unzählige andere Details wie Wetterbedingungen, persönliche Gefühle und vieles mehr. Rein gedanklich braucht es aber immer ein Bild als Auslöser.
Mein Gedächtnis ist in vielen Bereichen sehr schlecht, einschließlich des Namensgedächtnisses, anderer Sprachen (Vokabeln), Menschen und vielem mehr. Ich kann nicht einmal einen gesprochenen Satz oder einen Witz wiederholen.
In meinem täglichen Leben wirkt sich das sehr stark auf die Emotionen aus. In schönen Momenten und Erlebnissen sind sie überschwänglich und ich bringe sie sehr oft zum Ausdruck, wie schön es hier ist, wie gut das Essen schmeckt, wie glücklich ich bin.
Im Gegenzug, in den weniger schönen Momenten des Lebens – Streit, Unzufriedenheit, negative Erfahrungen setzen sehr starke negative Emotionen.
Diese Bandbreite an Stimmungsschwankungen ist sehr groß, was mich oft an den Rand der Verzweiflung bringt.
Wenn ich in so einer schlimmen Situation etwas unternehme, ist alles andere teilweise sofort vergessen, aber nur in diesem Moment der Freude. Sobald Ruhe einkehrt, treten die negativen Gedanken und Gefühle sofort wieder in den Vordergrund. Spätestens, wenn ich in meinem Leben etwas sehe, das mich an einen Moment erinnert, der mit irgendeinem Teil der Situation verbunden ist.
Da die positiven Einzelmomente überwiegen, nimmt mich fast jeder als einen sehr fröhlichen und strahlenden Menschen wahr.
Geht es noch jemandem so, dass die Gefühle in beide Richtungen sehr stark sind?
In einem Moment pure Freude, weil dieser Moment gegenwärtig ist, im anderen pure Traurigkeit?
Für mich persönlich ist das eine große Belastung, und darüber zu reden, hilft nur vorübergehend und holt mich immer wieder neu ein. Hinzu kommt das Unverständnis der Menschen um mich herum.